Wir sind Anstifter!
 

Sag mal, Simon

Er spricht eigentlich nicht gern über sich selbst – und passt damit sehr gut zu den Anstiftern, mit denen er regelmäßig zusammenarbeitet, und die genau das auch von sich gesagt hatten. „Andere zu analysieren fällt mir da immer leichter“, sagt er etwas nervös vor dem Interview. Was jedoch nicht heißt, dass er nicht selbstreflektiert ist. Im Gespräch wird schnell klar: Das, was sich Simon aufgebaut, die Erkenntnisse, die er erlangt, die Einstellung, die er zum Leben, zur Arbeit und auch zu Motivation und Disziplin hat, ergaben sich aus eigenen Erfahrungen. Aus Reflexion, aus Zurückblicken, auch selbstkritisch, aus Verbessern, Einsehen, Erweitern, Aufbauen – und auch daraus, mal einen Schritt zurückzugehen.

Wir führen das Interview über What’s App, haben uns vorher nie gesehen oder gesprochen – Mimik und Gestik sind durch die digitale Textvariante unsichtbar für den Gesprächspartner. Und doch merkt man bei Simon sofort an der Art wie er spricht und was er sagt, dass er ein großartiger Motivationstrainer sein muss. Und dass er wert darauf legt, seinem Gegenüber zuzuhören, auf ihn einzugehen und ihm Feedback zu geben. Der zeigt, was ihm am Herzen liegt. Und der es dann auch umsetzt. Für sich und für andere. Das ist nicht nur einer, der redet und mit Motivationssprüchen um sich wirft. Das ist einer, der interagiert.

Aber sag mal, Simon, was treibt Dich eigentlich an?

Mensch sein! Vater sein, Sohn sein, Freund sein, Lebenspartner sein, Motivationstrainer sein. Das treibt mich an. Und außerdem den Ehrenkodex, den ich für mich persönlich entwickelt habe und nach dem ich Leben möchte: Die Entscheidung aus der Ruhe und des Geistes, sprich, nicht übereifrig zu handeln und einen Fehler zu begehen. Mut und Tapferkeit ist mir wichtig, wenn es nötig ist. Mitleid, Liebe, Wohlwollen stehen ganz vorne, Höflichkeit, rechtes Verhalten, Pflichtbewusstsein und Loyalität. Und auch hier bin ich nicht perfekt. Aber ich arbeite daran, dahingehend immer besser zu werden. Auch das treibt mich an.

Lass uns über Leistung sprechen und darüber, wie schnell sie zum Stressfaktor werden kann: Wie verhinderst du das?

So wie Körper, Geist und Seele müssen auch Beruf, Alltag und Freizeit in Einklang sein. Das Leben vieler wird immer stressiger, daher ist es meiner Meinung nach besonders wichtig, diese Aufteilung auch einzuhalten – dabei helfe ich auch anderen Menschen. Auch ein Profisportler, von dem man denkt, er gäbe stets 120%, braucht seine Pausen, muss zufrieden sein, auch durch einen gesunden Alltag. Das wird jedoch oft vergessen, die Leistung steht im Vordergrund – und das ist der große Fehler, denn genügend Zeit für Alltag und Freizeit zu haben, sollte in keinem Fall übersprungen werden. Ansonsten verbrennt man. Und das habe ich selbst schon erlebt.

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Wie definierst Du Motivation und Disziplin, so als Motivationstrainer?

Jeder motiviert sich anders und hat dementsprechend eine andere Motivation. Mir ist es viel wichtiger zu wissen, worauf sie basiert. Motivation zum Beispiel hat ganz viel mit einer Vision zu tun, mit Zielen und Energie. Mit der Lust, etwas zu tun. Aber: Motivation hat definitiv auch Nachteile. Da gibt es den Übereifer, der bei zu extremer Motivation aufkommt. Das führt zu einem Tunnelblick, der Dich andere wichtige Dinge ignorieren lässt. Das sollte und darf nicht passieren.

Disziplin ist eine Profieinstellung. Ein guter Profi, ein Motivationstrainer weiß, was er zu tun hat. Da geht’s ums Durchbeissen, ums Dranbleiben. Aber Disziplin bedeutet auch, sich gesund zu ernähren und Ruhezeiten einzuhalten. Abzuschalten. Freizeit zu genießen. Auch das gehört dazu. Denn wenn du nur auf Basis der Disziplin funktionierst, geht jede Menge Sensibilität für andere Dinge und Menschen verloren. Und: Du wirst du irgendwann nicht nur ausbrennen – sondern auch sehr einsam.

Wie spielen Motivation und Disziplin denn zusammen?

Aus der Motivation ein Ziel erreichen zu wollen, entsteht die nötige Disziplin. Disziplin allein bringt keine optimalen Erfolge. Allerdings bringt die Disziplin dich ans Ziel, wenn die Motivation stimmt. Das ist ein Mantra, das ich sehr gut einsetzen kann. Daran erinnere ich mich selbst immer wieder: Dass man weder zu viel Disziplin noch Motivation fordern sollte. Als Motivationstrainer muss ich das auch vor Augen haben. Die Balance muss stimmen, man muss auf beides acht geben. Wenn ich Menschen trainiere, liegt hier auch ein Fokus: Dieser Person klarzumachen, wie wichtig die Balance ist. Da kann es sein, dass ich ihm sage, er soll jetzt erstmal eine Pause machen und seine Freizeit genießen – oder aber ich merke, er feiert zu viel und fordere Disziplin ein. Motivation und Disziplin sind wie ein Reissverschluss, der zusammenspielt. Wie ein altes Ehepaar, das die Sätze des anderen beenden kann. Sie können nicht ohne einander. Motivation stelle ich als Motivationstrainer dabei aber immer als den positive Faktor dar. Das „Tschacka“. Und Disziplin wie der strenge Elternteil. Dabei ist auch die Disziplin ein positives Streben nach dem Ziel, sich dafür durchzubeissen – aber auch, sich im richtigen Moment zurückzunehmen.

Ganz ehrlich: Gibt es heutzutage nicht zu viele Motivationssprüche? Zuviel Aufforderung, etwas zu schaffen, dranzubleiben?

Ja und nein. Zum einen liegt es einfach in unserer Natur, motiviert zu sein oder zu werden, um etwas zu erschaffen. Und das sollte auch nie aufhören. Aber ja, wir sind in einer Zeit angekommen, in der mit der Motivationsthematik oft Schindluder getrieben wird. Da heißt es immer wieder „Egal, in welcher Situation Du Dich befindest, egal, was Dein Hintergrund ist, solange Du dafür brennst, über Deine Grenzen hinausgehst etc. kannst Du alles schaffen.“ Das hat für mich, als Motivationstrainer, keinerlei Substanz. Du gehst doch auch nicht zum ersten Mal ins Fitnessstudio und hebst 100 Kilo hoch. Darauf muss man langsam hinarbeiten. Man muss sich Dinge aneignen und erlernen. Und zwar auch, über Grenzen zu gehen, so schwer das oft ist. Meiner Meinung nach gibt es nur sehr kurze Zeitfenster, so eine starke Motivation, mit der man Grenzen überschreitet, aufzubringen. Aber auch auf die wird hingearbeitet. Der Trainierende geht nicht permanent über seine Grenzen. Du arbeitest sukzessive daraufhin, um dann am Tag X, zum Beispiel bei einem Finalspiel, Deine Leistung zu bringen und wenn nötig darüber hinauszugehen. Und das verstehen viele nicht.

Was mich total nervt sind diese Motivationssprüche. Die sind inzwischen viel zu krass. „Du kannst Dich ausruhen, wenn Du gestorben bist!“, „Du musst dafür brennen!“, „Du musst alles geben!“, „Ihr müsst dafür sterben!“ Das sind für mich Floskeln – aber sehr radikale. Das mag für so ein riesiges Finalspiel die richtige Taktik sein. Aber für den privaten und beruflichen Alltag? Auf keinen Fall. Du wirst Dich verbrennen oder/und Dich verletzen – und bist dann nicht mehr so leistungsfähig wie Du eigentlich sein könntest. Motivation ist wichtig. Und oft und gerne gesehen. Aber sie muss nachhaltig und ehrlich sein, damit der Traum und die Idee, die hinter einer Motivation stecken, auch weitergetragen werden können. Denn am Ende geht es darum, ein Ziel zu erreichen. Und das ist eine lange Reise. Du musst du musst du musst? Nein. Müssen hat nichts mit Motivation zu tun. Motivation hat was mit Inspiration zu tun. Wenn Du jemanden nicht inspirierst, dann ist es eine Aufforderung. Keine Motivation. Das ist der feine Unterschied, der auch in Unternehmen beherzigt werden sollte. Als Motivationstrainer versuche das herauszukitzeln.

“Es wird ständig nur darüber gesprochen, was man erreichen soll. Aber nicht, welchen Preis man dafür bezahlt, wenn man es zu weit treibt.”

Disziplin kommt aus der Idee und dem Wunsch, etwas zu erreichen, etwas zu schaffen. Das definiert jeder anders. Aber wenn die Idee die richtige ist, kannst du tatsächlich alles schaffen. Aber die Disziplin ist nicht nur dafür da, durchzuhalten, wenn es keinen Spaß macht. Disziplin ist auch dafür da, Dinge realistisch zu betrachten und auch einfach mal zu sagen: Jetzt ist es mal gut. Jetzt mache ich einfach mal eine Pause, gönne mir gutes Essen, Sonne und Zeit mit Freunden und Familie. Was am meisten fehlt, ist Ausgeglichenheit. Eben die zwischen Beruf, Alltag und Freizeit. Die sollte im Vordergrund stehen. Sonst verlierst Du nicht nur Dinge um Dich herum, die Dir am Herzen liegen. Sondern auch Dich selbst.

Es wird ständig nur darüber gesprochen, was man erreichen soll. Aber nicht, welchen Preis man dafür bezahlt, wenn man es zu weit treibt und die Balance nicht hält. Eine Balance zu schaffen, muss genauso ein großes Ziel sein, wie sich durchzubeissen. Auch das ist Disziplin.

Gibt es etwas, das Unternehmen bei ihren Mitarbeitern im Bezug auf Motivation und Disziplin oft falsch machen?

„Falsch“ ist wie „Richtig“ Ansichtssache. Fakt ist aber:
Jedes Ziel, jede Progression ist dem Faktor Zeit und Anpassungen untergeordnet. Zeit sorgt für die richtige Anpassungm die dann auch nachhaltig ist. Ich weiß, dass wir alle das Gefühl haben, keine Zeit zu haben. Alles muss schnell gehen, schnell verstanden werden und schnell umgesetzt werden! Das Problem, das entsteht, ist, dass wir uns in eine Form der Vertuschung manövrieren: “Nur das Ergebnis ist wichtig!” Doch diese Einstellung kann fatale Folgen haben.
Ein Beispiel aus dem Sport: Muskeln und Kraft wachsen schneller als Sehnen und Bänder. Um lange gesund, leistungsfähig und auf hohem Niveau Sport zu machen, muss ich meinen Sehnen und Bändern die Möglichkeit/Zeit geben besser zu werden, sich anzupassen. Passiert das nicht und ich schaue nur auf die Optik und meine Kraftwerte, werde ich mich im schlimmsten Fall übernehmen, verletzte mich schwer und falle für lange Zeit aus! Die Sehen und Bänder sind die „Mitarbeiter“, das Unternehmen die „Muskeln“. Die richtigen Anpassungen sind eine der Schlüssel für bessere Leistungen. Gute Leistungen motivieren und wenn “Sehnen und Bänder” gut ausgebildet sind, kann man sich neuen Herausforderungen stellen – mit der gleichen Vorgehensweise.

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Vielen Dank für das Gespräch, Simon!

Anstiftertipp

Weitere motivierende Beiträge von Simon gibt’s übrigens auf seinem Instagram-Kanal!

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